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Flugmedizin Berlin: Hypoxisches Sauerstoffgemisch

Der Einfluss von Flugreisebedingungen auf kardiale Arrhythmien

Im Rahmen einer Forschungsförderung durch die Deutsche Akademie für Flugmedizin werden Studien zur Hypoxieverträglichkeit von Patienten mit Lungen- und Herzerkrankungen durchgeführt.

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Einfluss von Hypoxie bei Flugreisen auf kardiale Repolarisation und Gewebeoxygenierung bei chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen

Gegenstand der Studie ist der Einfluss von Flugreisen auf kardiale Arrhythmien und EKG-Charakteristika bei Patienten mit vorbekannten Arrhythmien, implantierten Devices und bei gesunden Probanden in der zivilen Luftfahrt.Die Häufigkeit kardialer Arrhythmien wie z. B. Vorhofflimmern oder ventrikulärer Tachykardien hat in den letzten Jahrzehnten mit dem zunehmenden Alterdurchschnitt der Bevölkerung zugenommen.

Gleichzeitig wurden die Behandlungsmöglichkeiten deutlich erweitert, inklusive aufwändiger interventioneller Prozeduren wie Katheterablation und Vorhofohrverschluss (Cappato 2010, Holmes 2009).

 Ebenso ist im Bereich der ICD-/Schrittmachersysteme zur Therapie von Bradyarrhthmien, ventrikulären Tachykardien und der Herzinsuffizienz ein Fortschritt zu verzeichnen. So wächst einerseits die absolute Zahl der Implantationen, zudem werden aber auch technisch komplexere Geräte wie solche zur kardialen Resynchronisation und zur kardialen Kontraktilitätsmodluation (CCM) zur Behandlung von schwereren Stadien der Herzinsuffizienz eingesetzt (Taylor 2010, Lemke 2005).

Folglich sehen sich Kardiologen mit einer immer größeren Zahl von Patienten konfrontiert, die trotz komplexer Krankheitsbilder und Therapien im Alltag bei guter Lebensqualität aktiv und mobil sind.

Die Sicherheit von Flugreisen bei Arrhythmieerkrankung oder implantiertem Device ist für einen großen Teil dieser Patienten eine relevante Fragestellung, da sie z. B. die Möglichkeit von Urlaubsreisen betrifft.

In der kardiologisch-internistischen Ambulanz stellen wir häufig die Indikation zur interventionellen Therapie komplexer Arrhythmien oder der Herzinsuffizienz. Dabei fällt auf, dass ein großer Teil der Patienten entweder bereits im Erstgespräch oder im weiteren Verlauf Fragen zur Flugreisetauglichkeit nach dem entsprechenden Eingriff stellt und sich besorgt über die Sicherheit von Flugreisen nach Ablation, bzw. mit Device zeigt. Hier wird im Einzelfall eine sorgfältige Risikoabwägung vorgenommen und mit dem Patienten diskutiert. Dennoch liegen hierzu nur wenige Daten vor. Die hier vorgeschlagene Studie soll künftig individuelle Therapieentscheidungen erleichtern.

Ziele der Studie

Ziel ist die Quantifizierung der Arrhythmielast, sowie die Ermittelung der Änderung von EKG-Parametern, die mit Arrhythmien assoziiert sind (Herzfrequenzvariabilität, QRS-, QT-, JT-Dauer und -Variabilität, early Repolarisation, T-peakt-to-T-end-Time) während Flugreisebedingungen im Hypoxia Challenge Test (Matthys 2011) bei Patienten mit kardialen Arrhythmien und implantierten Devices. Hierbei werden die Art und Anzahl von kardialen Arrhythmien vor, während und nach der Hypoxia Challenge - wobei ein Gasgemisch mit 15% O2 geatmet wird und nach einer Ruhephase eine leichte ergometrische Belastung durchgeführt wird – verglichen. Zusätzlich zu den EKG-parametern wird der Blutdruck, die arterielle und die zerebrale Sauerstoffsättigung kontinuierlich gemessen. Hierbei werden sowohl intraindividuelle Unterschiede vor und während des Tests, als auch Unterschiede zwischen den genannten Patientengruppen und einer gesunden Kontrollgruppe ermittelt. Ziel ist es, Patienten zu ermitteln, die durch flugassoziierte Arrhythmien besonders gefährdet sind und einer ausgedehnteren Risikostratifizierung bedürfen oder für eine gewisse Zeit auf Flugreisen verzichten sollten (z. B. 3 Monate nach Ablation von Vorhofflimmern bis zur Konsolidierung der Ablationslinien).

Hypothese und Methoden der Studie

 Hypothese der Studie

  • Unter Flugreisebedingungen (Hypoxia Challenge) kommt es zu gehäuften Auftreten von kardialen Arrhythmien
  • Patienten mit Z.n. komplexer Ablation sind besonders gefährdet, Arrhythmieereignisse zu erleiden

Methoden

  • Hypoxia Challenge Test (Gasgemisch mit 15% O2 zum Erreichen einer milden Hypoxie)
  • Kontinuierliche Messung von EKG, Blutdruck, arterieller und zerebraler Sauerstoffsättigung
  • Fahrradergometrie mit Belastung (25 W) unter milder Hypoxie
  • standardisierter Fragebogen: subjektiv empfundene HRST? Dyspnoe? Angst/Panik?

Stand der Forschung

Während einige wenige Untersuchungen zur Flugsicherheit von Patienten mit durchgemachten Myokardinfarkt existieren (Essebag 2001, Roby 2002), sind bislang keine Arbeiten zur Inzidenz und klinischen Relevanz von Rhythmusstörungen bei Patienten mit vorbekannten kardialen Arrhythmien und Untersuchungen zur Devicefunktion verfügbar. Die einzige verfügbare Studie zu Vorhofflimmern in der zivilen Luftfahrt bezieht sich auf die Flugtauglichkeit von Piloten und stammt aus dem Jahr 1997 (Demaret 1997), also einer Zeit, in der die heutigen invasiven Therapiemöglichkeiten noch nicht in der klinischen Praxis implementiert waren. Gerade dies wäre aber hochrelevant, da eine primär erfolgreiche Katheterablation stets ein Rezidiv-Risiko und das Risiko neuer, erst durch die Ablation entstandener atrialer Arrhythmien, mit sich bringt (Cappato 2010). Weiterhin existieren Arbeiten zur Inzidenz von kardialen Arrhythmien bei Piloten (Perrier 2005, Pucheu 1993), welche postulierten, dass das gehäufte Auftreten von Arrhythmien auf Änderungen des vegetativen Tonus beruht und dass relevante supraventrikuläre oder ventrikuläre Arrhythmien selten auftreten und meist asmyptomatisch bleiben. Allerdings wurden die Studien an gesunden Piloten während flugakrobatischer Übungen durchgeführt. Daher ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf unser Studienkollektiv anzuzweifeln. Bislang ist unklar, inwieweit die physiologischen Veränderungen durch Flugreisen, insbesondere die prolongierte milde Hypoxie, zur Induktion von kardialen Arrhythmien beitragen können.
Zudem handelt es sich (vor allem bei dem Kollektiv der Patienten mit implantierbaren Aggregaten) um ein Kollektiv mit z. T. erheblichen Komorbiditäten. Hier stehen bzgl. der Komplikationen pulmonale, renale und endokrinologische Begleiterkrankungen im Vordergrund. In einer kürzlich publizierten Arbeit konnte gezeigt werden, dass Flugreisen den pulmonalarteriellen Druck bei gesunden Probanden signifikant erhöhen (Smith 2012). Dieser Effekt könnte durch die Verschlechterung der pulmonalen Funktion, aber auch durch die Erhöhung der Rechtsherzbelastung für o. g. Patientenkollektiv relevant sein und eine genauere Risikostratifizierung hinsichtlich der Flugtauglichkeit erfordern. In einer weiteren Arbeit wurde während eines Hypoxie-Simulationstests (Hypoxia Altitude Simulation Test, Dine 2008) bei 10 von 22 Patienten (45%) kardiale Arrhythmien beobachtet, welche allerdings nicht Gegenstand der Studie waren (Gong 1984).
Die genannten Ergebnisse machen eine genauere Abklärung der Einflüsse von Flugreisen auf kardiale Arrhythmien erforderlich, um die Flugtauglichkeit solcher Patienten einschätzen und Komplikationen in der Luft verhindern zu können.
Des Weiteren dürfte der Einfluss von körperlicher Aktivität (z.B. Service durch Kabinenpersonal) der gesunden Kontrollpersonen während des Fluges (milde Hypoxie) auf Arrhythmieereignisse Aufschluss über mögliche Gefährdungen von fliegendem Personal geben.

Projektlaufzeit

  • ab 2014  fortlaufend

Projektleitung

Dr. med. Thorsten Onno Bender

Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie, Intensivmedizin & Notfallmedizin, Flugmedizin, Hypertensiologe DHL

Projektteam